In den Krankenhäusern der Gesundheit Nord haben im abgelaufenen Jahr insgesamt 250 Menschen ihr Gewebe gespendet. Dazu gehören die Augenhornhaut, Herzklappen und Amnion (Plazenta). 316 Patientinnen und Patienten erhielten wiederum ein Gewebetransplantat im Klinikverbund. Aber wie genau können die Gewebespenden anderen Menschen helfen? Wir geben einen Überblick.
Augenhornhaut
Die Augenhornhaut ist die häufigste Gewebespende. Trübt sich die Hornhaut aufgrund einer Erkrankung oder wird verletzt, stellt die Transplantation oftmals die letzte Behandlungsmöglichkeit dar, um das Augenlicht des Patienten/der Patientin zu retten. Zu 53 Prozent werden Transplantate für eine DMEK-Operation (Descemet Membrane Endothelial Keratoplasty) angefragt. Bei diesem schonenden Operationsverfahren ersetzen Ärztinnen und Ärzte nur eine dünne Schicht der Hornhaut – eine sogenannte Lamelle – wodurch sich die Sehfähigkeit der Betroffenen deutlich schneller erholt und das Infektionsrisiko minimal bleibt. Dieses Verfahren ist auch ein Schwerpunkt der Augenklinik im Klinikum Bremen-Mitte. Kaum eine Klinik hat so viel Erfahrung mit diesem Verfahren wie das Team um Chefarzt Dr. Erik Chankiewitz, dessen Klinik laut Deutschem Keratoplastik-Register bundesweit zu den führenden Hornhauttransplantationszentren zählt (Platz vier der meisten Hornhauttransplantationen pro Jahr).

Wundpflaster aus Plazenta-Haut
Ein doppeltes Geschenk ans Leben: Die Plazentaspende verhilft Menschen zu Therapie ohne Trauma. Im Jahr 2020 konnte die DGFG 20 Plazentaspenden im Rahmen geplanter Kaiserschnittgeburten realisieren. Aus der Plazenta wird die sogenannte Amnionmembran gewonnen, die innere, dem Fötus zugewandte Eihaut. Eine dieser relativ seltenen Lebendspenden konnte in diesem Jahr am Klinikum Links der Weser realisiert werden. Die hauchdünne Membran wird in der gynäkologischen Chirurgie, Mund-Kiefer-Chirurgie sowie als temporärer Hautersatz bei thermischen Verletzungen und Wundheilungsstörungen eingesetzt. Schwerpunktmäßig findet die Amnionmembran bisher in der Ophthalmologie zur Behandlung von schwererkrankten Augenoberflächen Anwendung. Insgesamt wurden 1.942 „Wundpflaster“ aus Amnionmembranspenden vermittelt (2019: 1.802), davon 80 an den Bremer Klinikverbund.
Herzklappen und Blutgefäße
Anders als bei der Organspende können Gewebe nach dem Stillstand des Herz-Kreislaufs und unabhängig vom irreversiblen Hirnfunktionsausfall (Hirntod) gespendet werden – im Falle von sogenannten kardiovaskulären Geweben (Herzklappen und Blutgefäße) noch bis zu 36 Stunden danach. Bisher findet der Großteil der Herzklappen- und Blutgefäßspende dennoch im Rahmen von Organspenden statt. Da sich diese seit Jahren auf konstant niedrigem Niveau bewegen, hat die Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation in 2017 ein Programm zur Spende von kardiovaskulären Geweben nach dem Herz-Kreislauf-Tod intensiviert.
Meist entscheiden die Angehörigen im Sinne des Verstorbenen
Was nie vergessen werden sollte: Hinter jedem Transplantat steht ein verstorbener Mensch, der sich zu Lebzeiten für die Gewebespende nach dem Tod entschieden hat. Ist dieser konkrete Wille des Verstorbenen nicht bekannt, stehen die Angehörigen oftmals allein mit der Entscheidung für oder gegen die Gewebespende da. Schriftlich festgehalten kann der Wille beispielsweise auf dem Organ- und Gewebespendeausweis der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) oder in der Patientenverfügung. Informationen zur Gewebespende finden sich unter www.gewebenetzwerk.de.