Gesundheit Nord Klinikverbund Bremen

Kinder-Palliativ-Team: Superheldinnen des Alltags

Patientengeschichten

Vor neun Jahren haben Dr. Carola Titgemeyer und Katharina Heubach das Bremer KinderPalliativCare-Team – kurz KinderPaCT - auf die Beine gestellt. Inzwischen arbeiten sechs Pflegekräfte und fünf Ärztinnen und Ärzte für das ambulante Angebot . Es unterstützt schwerstkranke Kinder und deren Familien.

Viktoria liebt Superhelden. Das Zimmer der fast 13-Jährigen sieht auf den ersten Blick also nicht nach typischem Mädchenzimmer aus. Hier regieren Spiderman und seine Kolleginnen und Kollegen. Und Simba. Kein Löwe, sondern ein ganz realer junger Labrador-Rüde, der für Viktoria auch so etwas wie ein Superheld ist. Türen kann er für sie öffnen und mit ihr spielen und kuscheln sowieso. Heute ist Simba aber ein wenig aufgeregt, denn heute ist Besuch da: Kinderärztin Dr. Carola Titgemeyer und Kinderkrankenschwester Katrin Orbach vom Bremer KinderPalliativCareTeam, kurz „KinderPaCT“ sind gekommen, um zu schauen, wie es Viktoria geht.

Die junge Bremerin leidet an einer fortschreitenden unheilbaren Muskelerkrankung, der Bethlem Myopathie. Sie ist motorisch stark eingeschränkt, kann nicht stehen oder laufen. „Die Bethlem-Myopathie ist eine sehr seltene Erkrankung, bei der es zu einer zunehmenden Muskelschwäche und zu Gelenkkontrakturen kommt, dadurch kann sich Viktoria immer weniger bewegen.“, erklärt Carola Titgemeyer. Durch die schwache Muskulatur ist auch die Atmung beeinträchtig. Gerade im Liegen bekommt sie schlecht Luft.

Um Viktoria längere Krankenhaus-Aufenthalte möglichst zu ersparen, wird sie regelmäßig vom Kinder PaCT betreut. Viktoria ist auf Beatmungsgerät, Ernährungssonde, Rollstuhl, Toilettensitz, Duschsitz und Orthesen angewiesen, braucht Physiotherapie, Atemtraining, Logopädie. Hinzu kommen häufige Arztbesuche. Das alles zu beantragen, zu koordinieren und am Laufen zu halten, ist eine Herausforderung für die Familie. Das Kinder-Palliativ-Team hilft bei all diesen Hürden, behält Symptome im Blick, schaut auf jede Veränderung und hat immer auch ein Auge auf psychosoziale Herausforderungen. „Viktoria hat Angst vor Veränderungen, Vorstellungen bei Spezialisten im Eltern-Kind-Zentrum stressen sie“, sagt Carola Titgemeyer. Um ihr auch mental zu helfen, besucht sie zusätzlich eine Kunsttherapeutin aus dem Kinder PaCT-Team. Viktoria liebt diese Stunden. Da kann sie gut entspannen und kreativ sein. Beim letzten Mal hat sie Hund Simba aus Knete geformt – sogar mit Hundegeschirr.

 

Und auch heute geht es Viktoria gut, sie erzählt von der Schule, ihren Lieblingsfächern Naturwissenschaften und Sport und von Treffen mit Freundinnen am Nachmittag. „Du scheinst ja etwas zugenommen zu haben und bist auch nicht mehr so blass wie beim letzten Mal“, lobt Kinderkrankenschwester Katrin Oberbach dann auch. Sie berichtet, dass das vor ein paar Wochen noch ganz anders aussah. Da hatte Viktoria einen schweren Atemwegsinfekt. Solche Infekte sind für sie lebensgefährlich. Sie war sehr schwach, hatte hohes Fieber, wurde dauerbeatmet und über ihre Sonde ernährt. In solchen Zeiten kommt das Kinder-Palliativ-Team fast täglich, wenn nötig auch öfter oder nachts. Es ist für die Eltern rund um die Uhr erreichbar. So haben sie es gemeinsam geschafft, dass Viktoria zu Haus bleiben konnte und nicht ins Krankenhaus musste, wo sie schon so viel Zeit ihres Lebens verbracht hat. Superheldinnen im Lebenseinsatz – das gilt für Viktoria ebenso wie für ihre Familie und das KinderPaCT-Team.

Nach einer knappen Stunde machen sich Carola Titgemeyer und Katrin Oberbach wieder auf den Weg. Sie haben noch weitere Hausbesuche im Kalender stehen. Etwa 30 junge Patientinnen und Patienten betreut das Team gleichzeitig. Manche über Jahre, manche auch nur für wenige Tage oder Wochen, wenn beispielsweise alles möglich gemacht wird, damit ein Kind die letzten Lebenstage zuhause verbringen kann. Eine Verordnung für die Versorgung durch das KinderPalliativCareTeam, das gemeinsam von der Gesundheit Nord und den Bremer Händen betrieben wird, kann der behandelnde Kinderarzt oder die Kinderklinik ausfüllen. Voraussetzung ist immer eine Krise im Zuge einer lebenslimitierenden Erkrankung.

Vor neun Jahren haben Carola Titgemeyer und Katharina Heubach das ambulante Angebot auf die Beine gestellt. Inzwischen arbeiten sechs Pflegekräfte und fünf Ärztinnen und Ärzte im KinderPalliativ-Team, die meisten allerdings nur mit einem Teil ihrer Arbeitsstunden. Zusätzlich gibt es noch zwei Therapeutinnen, die auf Honorarbasis bei Bedarf hinzugezogen werden können. Sie alle lieben diese Arbeit und den guten Geist im Team. Trotz der traurigen Momente und denen, die wütend machen, weil das Hilfesystem oft schwerfällig ist. „Es gibt so viele glückliche Momente, wenn Kinder wieder lächeln, wie Viktoria heute, und Eltern durch unsere Unterstützung ein wenig durchatmen können“, sagt Katrin Oberbach. Dann müssen die beiden weiter. Superheldinnen-Alltag.

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