Ich war zwar bisher noch nicht beim Arzt, aber so viel kann ich Ihnen schon sagen: Ich leide ganz offensichtlich an einer besonderen Form der Kleptomanie. Da bin ich mir relativ sicher. Womöglich spielt auch irgendeine Form von Demenz mit hinein in dieses Krankheitsbild. Wie ich drauf komme? Ich habe festgestellt, dass ich mich in letzter Zeit recht häufig selbst beklaue. Ganz unbewusst. Ich merke es gar nicht. Was vielleicht auch ganz gut ist, weil ich mich sonst ja ständig auf frischer Tat ertappen würde. Und auf diesen Konflikt mit mir selbst habe ich so gar keine Lust.
Abgehorcht (6): Vom Erdboden verschluckt
Wo ist eigentlich Ihr Schlüssel? Und die Geldbörse? Na, noch da? Manchmal verschwinden Dinge einfach, vielleicht kennen Sie das ja auch? Oder um im Thema zu bleiben: Vielleicht finden Sie sich da ja wieder! Dann könnte auch diese Kolumne zu Ihnen passen.
In meinem Beuteschema stehen Schlüssel und Zugangskarten ganz weit oben. Auch Geldbörsen, Einkaufszettel und Reisepässe gehen ganz gut weg. Und ich weiß später nie, wo ich meine erbeuteten Sachen so gehortet habe. Ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern.
Letztens war es mal wieder die Zugangskarte für den Fahrstuhl auf meiner Arbeit, die plötzlich nicht mehr dort war, wo ich sie am Abend zuvor noch ziemlich sicher abgelegt hatte. Und ich halte es für ausgeschlossen, dass diese Dinge nachts plötzlich Beine bekommen, lustig durch die Wohnung laufen und sich kurz vor Sonnenaufgang in Sofaritzen, Jackentaschen oder hinter Schränke verkriechen. Das geht ja gar nicht. Also war ich vermutlich wieder selbst der Schuldige.
Oft ist es so, dass ich die Sachen relativ schnell nach dem spurlosen Verschwinden wiederfinde. Ich kenne mich ja mittlerweile ganz gut und ahne bereits, wo ich die Dinge so verstecke. Doch bei der Zugangskarte für den Fahrstuhl ins Büro war es anders. Sie war gleich mehrere Tage verschwunden.
In solchen Fällen gibt es bei uns glücklicherweise Leihkarten. Dafür muss man sich in eine Liste eintragen. Dort sieht man dann auch, welche Kolleginnen und Kollegen womöglich noch unter dieser offenbar doch nicht so seltenen Form der Selbst-Beklauung leiden. Es ist ein schönes Gefühl, wenn man sieht, dass man da nicht alleine ist.
Leihkarten können aber auch gemein sein. Wenn man sie zum Beispiel mit nach Hause nimmt und dort weiter nach dem vermissten Kärtchen sucht, glaubt man jedes Mal, das Original wiedergefunden zu haben, wenn man die Leihkarte irgendwo liegen sieht. Auf die riesige Freude folgt dann sogleich ein Gefühl der ebenso großen Ernüchterung. Das ist nur schwer zu ertragen.
Da hilft dann nur ein echter Sucherfolg, um aus diesem emotionalen Loch wieder rauszukommen. Meine Karte habe ich übrigens nach vier Tagen überraschenderweise wiedergefunden. Sie war, das glauben Sie kaum, die ganze Zeit im Seitenfach meiner Arbeitstasche. Sie war quasi immer an meiner Seite. Wahrscheinlich ist sie eines Nachts doch heimlich dort hinein gekrabbelt und hat dabei womöglich noch leise gekichert.
Timo Sczuplinski
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abgehorcht – die Kolumne
In unserer Kolumne „Abgehorcht“ berichten unsere Autoren über die alltäglichen Versuche gesünder zu leben. Und darüber, warum das am Ende oft doch nicht klappt.
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