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So haben zwei mexikanische Pflegekräfte ihr erstes Jahr in Bremen erlebt

Schichtwechsel

Für die neuen Pflegekräfte von den Philippinen beginnt die Zeit in Deutschland gerade erst. Die Mexikanerinnen Rosa und Cecilia sind schon seit 2021 in Bremen und fester Bestandteil der Intensivstation 2 im Klinikum Bremen-Mitte. Ihr Beispiel zeigt, wie die Integration in die Pflegeteams gelingen kann.

Cecilia und Rosa erinnern sich gut an ihre Ankunft in Bremen. Als ihr Flugzeug landet, liegt tatsächlich Schnee. Es ist kalt, grau, ein typischer Februar. Ein Februar mitten in der Corona-Pandemie noch dazu. Auf den Straßen kaum Menschen, viele Geschäfte geschlossen. Ein kleiner Schock sei das schon gewesen, sagt Cecilia und lacht. Die 26-Jährige arbeitet – wie ihre Freundin Rosa auch – als Pflegekraft auf der Intensivstation am Klinikum Bremen-Mitte. Cecilia und Rosa gehören zu den 500 Pflegekräften, die über ein Anwerbeabkommen der Bundesregierung und der mexikanischen Regierung nach Deutschland gekommen sind. Cecilia hat von der Möglichkeit über eine Fernsehwerbung erfahren und sich sofort beworben. Dabei konnte sie zu diesem Zeitpunkt kein einziges Wort Deutsch. Die Kandidatinnen wurden Spracheignungstests unterzogen. Es wurde geprüft, wie schnell sie in der Lage sind, eine neue Sprache zu erlernen, dann gab es Vorstellungsgespräche. Das sei alles sehr schnell gegangen, erzählt Cecilia. Innerhalb von einer Woche hätte ihr der Vertrag vorgelegen. Sie habe unterschrieben und erst dann habe sie alles ihrer Familie erzählt. Ein knappes Jahr haben Cecilia und Rosa dann noch Zeit gehabt zur Vorbereitung. Das bedeutete vor allem: Deutsch lernen.

„Wir kennen die Arbeit, aber viele technische Geräte funktionieren bei uns eben etwas anders oder sind nicht ganz so modern wie hier“

Mehr als ein Jahr ist das nun schon wieder her. Inzwischen haben beide das gesetzlich vorgeschriebene Anerkennungsverfahren durchlaufen und die Prüfungen erfolgreich absolviert. Das bedeutet: Sie haben jetzt eine unbegrenzte Aufenthaltserlaubnis und werden nicht mehr als Pflegehelferinnen angestellt, sondern als die Gesundheits- und Krankenpflegerinnen, die sie sind und auch schon vorher waren. Der Pflegeberuf ist in Mexiko, wie in vielen anderen Ländern auch, ein akademischer Beruf. Cecilia und Rosa haben nach dem Schulabschluss studiert und zum Teil parallel im Krankenhaus gearbeitet. „Wir kennen die Arbeit, aber viele technische Geräte funktionieren bei uns eben etwas anders oder sind nicht ganz so modern wie hier“, erzählt Rosa. Die technische Ausstattung und die Einrichtung der Patientenzimmer, wie sie hier ist, sei in Mexiko höchstens in Privatkliniken anzutreffen und die seien nur wenigen Vermögenden zugänglich. In den öffentlichen Krankenhäusern, in denen Cecilia und Rosa gearbeitet haben, mangelte es an vielem. Sogar die Dienstkleidung haben beide selber kaufen und regelmäßig waschen müssen.

Ein noch gravierender Unterschied zwischen ihrer Heimatstadt und Bremen ist die Sicherheit. Nach dem Dienst allein zum Shoppen? Nachts mit dem Fahrrad nachhause? Undenkbar in Mexiko. „Wenn ich Dienstschluss hatte, bin ich meist von Familie oder Freunden abgeholt worden. Wenn das nicht ging, habe ich den ganzen Heimweg ständig mit jemanden telefoniert, damit man weiß, wo ich genau bin“, erzählt Cecilia. Allein unterwegs zu sein oder die U-Bahn zu nehmen, ist sehr gefährlich. „Shoppen geht man als Frau nur in größeren Gruppen oder noch besser mit männlicher Begleitung“, fügt Rosa hinzu -aber dafür wäre das auch eine schöne Sonntagsbeschäftigung der Familien. Hier hingegen sei sonntags alles zu. Auch das war einer dieser kleinen Kulturschocks.

„In Bremen ist alles so leise“

Und dann diese Ruhe. „In Bremen ist alles so leise“, sagt Cecilia und lacht. Keine lauten Gespräche in der Bahn, kein lautes Gelächter in den Cafés. Der Höhepunkt: Weihnachten – in Mexiko werde laut und bunt gefeiert und in Bremen war es geradezu totenstill. Ein weiterer dieser kleinen Schocks - diesmal für beide Seiten – das Essen. „Oh je, das hat hier sehr wenig Geschmack“, lacht Cecilia und zieht gleich in mexikanisches Kaubonbon aus der Tasche – Frucht mit Chili. „Bei uns ist alles mit Chili – sogar die Gummibärchen“, erklärt sie und zum Frühstück gäbe es Bohnen und Kartoffeln, die sie morgens aufwärmt, während die Kolleginnen und Kollegen Brötchen und Joghurt auspacken. Zum Glück haben beide inzwischen ein Geschäft entdeckt, in dem man mexikanische Gewürze und Süßigkeiten kaufen kann. Für das meiste gibt es eben Lösungen. Zumal die Kolleginnen und Kollegen sie immer wieder unterstützen würden, immer ein offenes Ohr hätten und ganz viel Geduld, wenn die Verständigung doch mal schwierig ist. Aber natürlich – Heimweh hatten sie trotzdem und die ersten Wochen und Monate seien ziemlich hart gewesen. Dennoch sind sich Rosa und Cecilia einig: Zurück wollen sie erstmal nicht mehr. Die Bezahlung, die Anerkennung des Berufes, die Lebensqualität. Das alles habe sie überzeugt. Inzwischen unterstützen sie die „neuen Mexikanerinnen“ bei ihrer Ankunft in Bremen und geben ihre Erfahrungen weiter. Das tue gut. Und dann sagt Cecilia noch: „Wahrscheinlich wäre es uns jetzt in Mexiko auch schon viel zu laut“. Man gewöhnt sich eben.

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